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Es kann losgehen.

Bahn-Weltmeisterin Miriam Welte im Interview

Vor ein paar Wochen hat Miriam Welte in Melbourne zwei Mal auf dem Podium gestanden. Im Teamsprint ist sie Weltrekord gefahren und den deutschen 500m-Rekord inklusive einer Silber-Medaille hat sie auch noch mitgenommen. Jetzt, kurz vor den Olympischen Spielen in London, hat sie uns noch ein kurzes Interview gegeben. 

Was hast Du gedacht, als Du auf die Anzeigentafel geguckt hast und gesehen hast, dass Du neben Gold auch einen Weltrekord geholt hast?
Es war einfach unglaublich. Ich habe erst die Zeit gar nicht gesehen, sondern nur, dass vor Deutschland die eins stand und wir damit gewonnen hatten. Das war schon genial. Dann habe ich die Zeit gesehen und dachte: „wow, krass. Noch ein Weltrekord. Wie geil ist das denn?…“
Gibt es eine schnellere Polizistin als Dich? So weit ich weiß nicht. Vielleicht sollten wir mal einen Sprint Wettkampf für Polizistinnen veranstalten um das heraus zu finden.

Für Olympia bist Du gesetzt, oder? Von wem spürst Du mehr Druck - von Dir oder von außen.
Ja, ich bin definitiv in London im Teamsprint am Start. Der Druck kommt eher durch die Medien, die jetzt natürlich das gleiche erwarten wie bei der WM. Ich denke aber, dass ich da eher Kraft und Energie draus ziehen kann. Der Weltmeistertitel motiviert mich unglaublich weiter hart zu arbeiten, dass es bei Olympia ähnlich wird ;)


Wie kommt es, dass Du momentan in absoluter Top-Form bist? Perfekte Vorbereitung? Wie sieht die aus? Basiert sie auf Wissenschaft, ist sie komplett getaktet oder improvisierst Du auch mal?
Ich bin diesen Winter nicht krank gewesen und konnte komplett durch trainieren. Außerdem hat mich die Polizei (ich bin ja in der Sportfördergruppe der Landespolizei Rheinland-Pfalz) komplett für die Vorbereitung freigestellt. Dafür bin ich wirklich auch extrem dankbar. Dadurch musste ich keine Vorlesungen besuchen oder arbeiten gehen. Das sind natürlich dann Freiräume, die ich sehr gut für die Regeneration nutzen konnte.Wissenschaft steckt eher nicht dahinter. Wir haben ein wenig experimentiert, das Training umgestellt, andere Inhalte mit eingebracht und deutlich mehr Krafttraining gemacht. Ich denke, dass dies alles dazu beigetragen hat, dass ich so schnell gefahren bin.


Wie motivierst Du Dich?
Ich denke immer an die schönen Momente im Sport. Zum Beispiel das Treppchen, oder was mein Ziel ist, das ich mir gesteckt habe. Das ist Motivation genug um gut zu trainieren ;)


Was bedeutet eine 100tel Sekunde für Dich? 
Das sind 10/1000, also gar nicht so wenig....aber Spaß beiseite: 1/100 kann man fast nicht sehen und ist extrem wenig, entscheidet letztendlich über den Sieg. Ich hoffe, dass die eine 100tel bei den Olympischen Spielen zu unserem Vorteil wird!

Mit Deinem STEVENS Bike fährst Du Dich vor einem Rennen warm, richtig?
Genau. Die Wettkampfvorbereitung sieht so aus, dass ich immer mit meinem STEVENS Straßenrad auf die Rolle gehe. Entweder auf der losen Rolle, manchmal sogar auf einer festen. Mit dem STEVENS Bike kann ich mich einfach deutlich besser warm fahren als mit meinem Bahnrad, da ich am Stevens Rad die Gänge variieren kann. So beginne ich immer mit einem leichten Widerstand und steigere den dann zum Ende der Erwärmungsphase, dass die Muskeln richtig warm sind und gut arbeiten.


Wenn man sich umhört, bekommt man immer mal wieder mit: Im Radsport fühlen sich Frauen benachteiligt. Ist das ein "Straßen-Phänomen" oder gilt das auch für die Bahn? Wie siehst Du das?
Die Benachteiligung wurde bei uns Frauen angeglichen, da wir bei den Olympischen Spielen auf der Bahn inzwischen genau die gleichen Disziplinen haben wie die Männer. Aber wenn man vom finanziellen ausgeht, dann ist es sicherlich immer noch so, dass die Frauen deutlich weniger verdienen als die Männer. Ich denke jedoch, dass die Diskrepanz auf der Straße deutlich höher ist als auf der Bahn, da im Bahnradsport sowieso nicht so viel Geld verdient wird. Und wenn wir deswegen unseren Sport machen würden, dann wären wir falsch, denn reich werden kann man auf der Bahn nicht ;)


Wenn Du in London bist: Was für ein Sportevent guckst Du Dir als Fan an?
Trampolinspringen, Basketball, Schwimmen, Leichtathletik, Hockey,… Es gibt ein paar Wettkämpfe die ich gerne sehen würde. Hoffentlich bekomme ich auch Karten...


Olympia ist ja ein absoluter Traum. Hast Du denn wirklich schon mal davon geträumt?
Nein, das habe ich noch nicht. Aber meine Teamparterin Kristina Vogel und ich sagen uns abends immer: "Gute Nacht, träum schön, von Olympia und dem Treppchen“Vielleicht klappt´s ja irgendwann mal mit dem Traum, der dann hoffentlich auch bald Wirklichkeit wird...


Was ist wertvoller? Eine Olympische Medaille oder ein WM-Titel inkl. Weltrekord? 
Das wäre für mich sicherlich die Olympische Medaille. Der WM-Titel inklusive Weltrekord war etwas ganz Besonderes. Der erste WM-Titel ist glaube ich sowieso immer etwas ganz Besonderes. Aber die Olympische Medaille ist etwas ganz anderes. Olympia ist nur alle vier Jahre, alle arbeiten sehr hart um an diesem Wettkampf teilnehmen zu dürfen. Wenn ich dort noch eine Medaille gewinnen sollte, wäre das sicherlich das "i-Tüpfelchen" dieser Saison.

Wirst Du auch mal Urlaub machen nach London? Oder musst Du gleich wieder in den Dienst?
An Urlaub ist erst mal nicht zu denken. Eine sehe gute Freundin von mir heiratet zwei Wochen nach den Spielen. Sie hat den Termin extra so gelegt, dass ich dabei sein kann. Und eine Woche nach der Hochzeit geht schon wieder die Fachhochschule-Zeit los. Ich schreibe Ende November meine Laufbahnprüfung. Daher muss ich dann unbedingt lernen. Aber für ein paar Tage Entspannung wird sicherlich auch mal Zeit sein.


Was fährst Du lieber? Teamsprint? Oder allein die 500-Meter?
Die beiden Disziplinen sind schwer miteinander zu vergleichen. Ich fahre beides unglaublich gerne. Im Teamsprint ist es etwas anderes zu gewinnen. Wenn wir da zusammen aufs Podest fahren, dann freut man sich gemeinsam, und Freude zu teilen ist auch sehr schön. Allerdings sind die 500m "meine" Disziplin, die inzwischen leider nicht mehr olympisch sind. Also, ich kann nicht sagen was ich lieber fahre. Aber im Teamsprint bin ich sicherlich deutlich aufgeregter, weil ich da nicht nur für mich verantwortlich bin, sondern auch für das Team.


Wie genau sehen Deine Olympia-Vorbereitungen derzeit aus? 
Ich bin derzeit in Bad Blankenburg im Trainingslager. Danach folgen noch Kienbaum, Colorado Springs, Cottbus, Apeldoorn und Köln. Am 23. Juli geht es dann nach London. 


Was kommt nach Olympia? Stefan Nimke hört ja auf. Von Dir werden wir aber noch ein paar Jahre etwas haben, oder?
Ich will auf jeden Fall noch bis zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 Rad fahren. Aber jetzt heißt es nach London für mich erst mal die Prüfung bei der Polizei bestehen. Danach kann ich mich dann komplett auf den Sport konzentrieren und alles kommende im Radsport mit viel Freude und freiem Kopf angehen. 

Vielen Dank für das INterview – und viel Erfolg!!!

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